In der ersten Folge des Akustikpodcasts tauschen sich Regine Rauin von WohnDICH und Manfred Hillebrandt von AGORAphil über die Tücken raumakustischer Optimierung aus. Die Praxis lehrt beide: Zu viele Absorber können die Situation sogar verschlimmern. Eine Review.

AGORAphil hat in Regine Rauin von WohnDICH eine Gleichgesinnte gefunden: Die schlechte Raumakustik in deutschen Büros ist der Expertin für Wohnpsychologie ein Dorn im Auge. In ihrem Berufsalltag stößt sie immer wieder auf zu laute Akustik, die nicht nur das Wohlbefinden einschränkt, sondern Leistungsvermögen und Gesundheit gefährdet.
Manfred Hillebrandt, seit 2015 im Vertrieb für AGORAphil tätig, arbeitete viele Jahre als Büroausstatter. Das Projekt einer gemeinsamen Kundin führte ihn mit Regina Rauin zusammen. Die Chemie stimmte auf Anhieb und die Idee einer gemeinsamen Podcast-Reihe war geboren.
Ein gruseliges Kapitel: die Anfänge des Großraumbüros
In der ersten Folge befassen sich die beiden mit dem Lieblingsthema von AGORAphil: das Großraumbüro.
Die Wohnpsychologin erlebte die Anfänge des Open Space. Damals waren die Kollegen am 50 Meter entfernten Kopierer besser zu verstehen, als die Kundin am Telefon. Hillebrandt stimmt wissend zu: „Verstehe ich mein Gegenüber kaum, gehe ich automatisch davon aus, auch nicht verstanden zu werden und rede noch lauter.“
Hinzu kam die Vorliebe der InneneinrichterInnen für glatte, schallharte Oberflächen aus Glas und Kunststoff, die alles verschlimmerten. Die Schallquellen wiegelten sich gegenseitig auf, der störende Nachhall baute sich kaum ab und die Geräuschkulisse wurde zum Desaster.
Das akustisch übersättigte Büro
Diese anarchischen Zeiten gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Auf Seite der ArbeitgeberInnen hat sich das Bewusstsein geschärft. Kurioserweise ist nicht alles besser geworden, weiß Hillebrandt aus seinem Alltag als Akustikelemente-Vertriebler zu erzählen. Er spricht von Büros, die „in die Knie gezwungen wurden“. Hierbei handelt es sich um akustisch völlig übersättigte Räume, die exzellente Tonstudios abgeben würden, aber für den Büroalltag ungeeignet seien, überspitzt Hillebrandt.
Eine Extremverständlichkeit, wie er diesen Zustand nennt, kann mitunter irritierender als Lärm sein. Rauin veranschaulicht das mit einer Straße. Während das Autoknattern tagsüber in den anderen Geräuschen untergeht, lässt einen nachts, wenn auf der Straße nichts mehr los ist, der laute Auspuff hochschrecken.
Schallquellen müssen sich gegenseitig ausgleichen. Das gilt auch für Stimmen. Die Irritation kommt nicht von der Wahrnehmung, sondern vom Verstehen des Gesagten.
Es lässt sich festhalten: Entgegen unserer Intuition ist der hörbare Aufprall der berüchtigten Stecknadel kein sinnvolles Ziel raumakustischer Maßnahmen.

Gute Raumakustik – eine Frage des Feintunings
Das relativ neue Phänomen des akustisch übersättigten Büros hat seine Ursache in der mangelnden Kenntnis über die Funktionsweise von Raumakustik. In ihrer Tätigkeit als Expertin für Wohnpsychologie lernte Rauin Büroräume kennen, die mit hochwertigen aber durchgehenden Akustikdecken ausgestattet waren: „Viele denken, damit sei alles super, doch genau das ist es eben nicht“, so Rauin. Punktuelle Maßnahmen, wie die gezielte Schirmung mit Absorbern, sind mit einer alles umgebenden Akustikdecke nicht mehr möglich, da sonst der Minimalwert der Nachhallzeit unterschritten werde und die kontraproduktiven Tonstudio-Verhältnisse entstünden.
Schirmung ist im Großraumbüro eine Notwendigkeit. Schallwellen breiten sich wie angestoßene Billardkugeln aus: Sie prallen an jeder harten Fläche ab, werden also zurückgeworfen, bis die Energie nach jedem Aufprall sukzessive verebbt. Je härter die Oberfläche, desto stärker die Reflexion. Um diesen Vorgang zu blockieren, muss punktuell geschirmt werden – idealerweise mit Absorbern.

Klug investieren statt nachsanieren
Akustik ist eine komplexe Wissenschaft, nicht umsonst ist sie Gegenstand eines ganzen Studienfachs. Die optimale Geräuschkulisse im Büro hängt von einem sensiblen Zusammenspiel aus Absorbern, Interieur und Mensch ab – unsere Körper sind bis zu einem gewissen Grad ebenfalls schallschluckend.
Weil Raumakustik eine derart komplexe Angelegenheit ist, plädieren Rauin und Hillebrandt für das rechtzeitige Hinzuziehen einer Akustikexpertin oder Experten. Rechtzeitig, konkretisieren die beiden, wäre noch vor Beginn des Rohbaus. „Es nützt ja nichts, wenn am Ende alles toll aussieht, sich aber keiner versteht“, resümiert Hillebrandt seine Erfahrungen. Diese Investition sei um ein Vielfaches günstiger als die akustische Nachsanierung. Denn zu den nachträglichen Kosten addieren sich die Einbußen wertvoller Arbeitskraft durch Ablenkung und Stress.
Akustikpodcast: Hören lohnt sich
Dem Podcast-Team Rauin und Hillebrandt ist die über viele Jahre angesammelte Erfahrung anzuhören. Ihr Gespräch erstreckt sich über dreißig erhellende Minuten mit vielen „Aha!“-Momenten.
Wer schon immer wissen wollte, wie genau Schallabsorber eigentlich funktionieren, findet im Akustik-Podcast die Antwort. Außerdem klärt Hillebrandt über Monitore als akustischer Knackpunkt auf und warum der lauteste Kollege ausgerechnet mitten im Raum sitzen sollte statt in der vermeintlich stillen Ecke.
Neugierig geworden? Hier gelangen Sie zur ersten Folge des Akustik-Podcasts („#023 Akustik – mein Kollege nervt“).